Zement schluckt jede Menge Kohlendioxid - ingenieur.de

2022-10-22 21:05:52 By : Ms. Anna lou

Zement ist umweltfreundlicher als sein Ruf: Wie Forscher jetzt herausgefunden haben, gerät zwar bei seiner Herstellung viel Kohlendioxid in die Atmosphäre. Doch: Fast die Hälfte der CO2-Menge nehmen Produkte wie Beton und Mörtel im Laufe ihres Lebens wieder auf. Weltweit schluckt verbauter Zement demnach rund eine Milliarde Tonne CO2 pro Jahr.

Ein internationales Forscherteam hat herausgefunden, dass Zement im Laufe der Jahre eine signifikante CO2-Menge aufnimmt, etwa die Hälfte des bei der Produktion freigesetzten CO2. Auch beim Abriss von Betonbauten wird noch einmal CO2 aufgenommen. 

Die Zementproduktion gehört zu den Treibhausgas-Schleudern unter den Industrien. Das liegt am Herstellungsprozess: Zement wird durch Brennen einer Mischung aus zermahlenem Kalkstein, Ton und Mergel hergestellt. Das Calciumcarbonat des Kalksteins wird in diesem Brennprozess zu Calciumoxid und gibt Kohlendioxid ab.

 „Allein diese prozessbedingten CO2-Emissionen machen fünf Prozent der globalen Treibhausgasemissionen durch Industrie und Verbrennung fossiler Brennstoffe aus“, schreiben Forscher um Fengming Xi von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften im Fachmagazin Nature Geoscience. „Weltweit werden gewaltige Mengen Zement hergestellt, allein zwischen 1930 und 2013 waren es gut 76 Milliarden Tonnen.“

Die Forscher haben nun Bilanz gezogen und kommen zu einem erstaunlichen Ergebnis. Von den 38,2 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, die in dieser Zeit durch die Zementherstellung in die Atmosphäre gelangt ist, haben die daraus erstellten Produkte 43 % davon durch ihre chemische Alterung wieder aufgenommen.

Bei der Produktion von Zement gelangt jede Menge CO2 in die Luft. 

Bei dieser sogenannten Karbonisierung nehmen die Baustoffe CO2 auf und binden es chemisch. „Das klingt fast schon paradox, aber es ist wahr“, betont Koautor Steven Davis von der University of California in Irvine (UCI).

Steven Davis und Kollegen haben nun erstmals mit Hilfe physikalisch-chemischer Computermodelle ermittelt, wie viel Kohlendioxid Beton, Mörtel und Zement im Laufe ihres Lebens aufnehmen. Sie haben in diesen Computermodellen auch Wettereinflüsse berücksichtigt und haben die der Umgebungsluft ausgesetzten Oberflächen während der 35 bis 70 Jahre langen Einsatzzeit der Zementprodukte in die Berechnungen einbezogen.

Der Zusammenhang mit der verfügbaren Oberfläche zeigt sich vor allem beim als Putz aufgetragenen Mörtel: Er absorbiert im Laufe der Jahre 97,9 % der bei seiner Herstellung freigesetzten Kohlendioxid-Emissionen.

Im Laufe seines „Lebens“ schluckt Beton ganz schön viel CO2. 

Die riesige Kontaktfläche zwischen dem Putz und der Luft beschleunigt die Karbonisierung des Materials ganz erheblich. Der Beton der Häuser und Brücken hingegen nimmt nur 16 % der herstellungsbedingten Kohlendioxid-Emissionen wieder auf.

Beim Abbruch absorbiert Beton noch einmal 1,5 % zusätzlich, weil sich in diesem Moment die Kontaktfläche mit der Luft ganz erheblich vergrößert. Insgesamt ist Zement für die Forscher ein  unterschätzter Puffer im Klimasystem und sollte in Klimamodellen künftig berücksichtigt werden. „Der Zement weltweit schluckt jedes Jahr rund eine Milliarde Tonnen atmosphärisches CO2“, so Xi. Im Jahr 2013 haben Zementprodukte damit rund 2,5 % der CO2-Emissionen geschluckt, die durch industrielle Prozesse und durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe freigesetzt wurden.

Forscherin Sandra Snaebjornsdottir zeigt einen Basaltstein, in dem CO2 zu Karbonat (weiß) mineralisiert ist. Die Umwandlung dauert weniger als zwei Jahre, nicht wie bislang angenommen hunderte bis tausende von Jahren. 

Quelle: Kevin Krajick/Lamont-Doherty Earth Observatory

Seit Sommer 2016 nutzt zum ersten Mal ein Chemiekonzern das Klimagas CO2 als Rohstoff im industriellen Maßstab. Die Bayer-Tochter Covestro stellt aus Kohlendioxid einen Schaumstoff für Matratzen und Polstermöbel her. Mehr dazu können Sie hier nachlesen. Und Juerg Matter, Professor für Geoengineering an der Universität Southampton, will mit seiner neuen Methode die risikolose Speicherung großer Mengen CO2 in fester Form tief in der Erde ermöglichen. Wie das funktioniert, beschreiben wir auf dieser Seite.

Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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