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2022-10-22 20:51:33 By : Mr. Julian Pang

Etwa elf Prozent der Deutschen leiden unter einer ungewöhnlichen Phobie. Wenn andere lachen, ist ihnen zum Heulen zumute. Psychologen sprechen von „Gelotophobie“

Alle diejenigen, die ihre Kindheit in den 70er- und 80er Jahren verbracht haben, werden sich vermutlich noch an Timm Thaler erinnern – der 13-jährige Junge, der in der gleichnamigen Serie, dem geheimnisvollen Baron de Lefouet sein Lachen verkaufte – und damit ein Pakt mit dem Teufel einging.

Ein Leben ohne Lachen, wie es in der ZDF-Fernsehserie von 1979 thematisiert wurde, war reine Fiktion, klar. Doch es gibt tatsächlich Menschen für die ein Leben ohne Lachen tatsächlich traurige Realität ist. Für so genannte Gelotophobiker ist ein herzhaftes Lachen der reinste Alptraum. Dahinter steckt eine Phobie, so Psychologen, zu der vor allem „brave“ Kinder neigen. Es geht bei diesem Symptom vor allem um die krankhafte Angst, ausgelacht zu werden.

Rund elf Prozent der Deutschen sind Gelotophobiker. „Davon hat die Hälfte eine leichte Ausprägung, vier Prozent eine deutliche und der Rest eine sehr starke Ausprägung“, sagt der Psychologe Willibald Ruch von der Uni Zürich.

Ruch und seine Kollegen stehen kurz vor dem Abschluss einer weltweit angelegten Studie, an der sich 22 000 Teilnehmer aus 73 Ländern beteiligt haben. Demnach ist Gelotophobie ein weltweites Problem, allerdings mit unterschiedlicher Ausprägung. In westlichen Industrienationen sind zwischen zwei und 13 Prozent betroffen, die Dänen sind mit nur knapp zwei Prozent am unempfänglichsten, während die Briten und die Rumänen mit 13 Prozent am häufigsten an Gelotophobie leiden.

Schlimmer trifft es einige afrikanische und vor allem asiatische Länder, in denen weit mehr Menschen betroffen sind.

Grund: „Dort hängt das eigene Wohlbefinden mehr von den anderen ab, man definiert sich mehr als Teil der Gemeinschaft“, erklärt Ruch. In einer engen Gemeinschaft spiele Scham eine größere Rolle. Personen, die mehr zu Scham neigen, haben auch eine größere Angst davor, ausgelacht zu werden, so Ruch.

Gern wird natürlich niemand ausgelacht. Doch die Frage für Psychologen ist: Was ist normal und wo verläuft die Grenze zur Phobie? Bei Gelotophobikern liegt laut dem Psychologen Michael Titze eine paranoide Befürchtung vor, lächerlich zu sein. „Ihr ganzes Denken kreist um die Frage: Bin ich lächerlich, lacht da jemand über mich? Es ist Ausdruck einer ausgeprägten Schamangst“, erklärt Experte und Buchautor Titze („Lachen zwischen Freude und Scham“, Königshausen & Neumann, 24,80 Euro) , der den Begriff Gelotophobie Mitte der 90er Jahre prägte (von griechisch: gelos Lachen und phobia = Angst).

So ist es für Gelotophobiker ein Alptraum, etwa an lachenden Restaurantbesuchern oder Fahrgästen im Zug vorbeigehen zu müssen. Grund: Gelotophobikern gelingt es nicht, Humor angemessen zu dekodieren: „So wird die lächelnde Mimik eines Gesprächspartners grundsätzlich als Signal interpretiert, das die eigene Minderwertigkeit anzeigt”, erläutert Titze.

Beim „Syndrom des verlorenen Penis“ ist die Vagina der Frau so weit, etwa nach einer Geburt, dass beim Geschlechtsverkehr keine Reibung entstehen kann und genitale Orgasmen unmöglich sind. Der Penis fühlt sich „verloren“ in der Vagina, was oft zum „Verlust“ der Erektion während des Geschlechtsverkehrs führt. Die Therapie kann durch Medikamente, Beckenbodentraining oder eine chirurgische Straffung der Scheidenmuskulatur erfolgen.

Das Pica-Syndrom (lateinisch für „Elster“) ist eine Essstörung, bei der Ungenießbares und häufig Ekelerregendes gegessen wird: Kot, Haare, Asche, Textilien, Erde, Steine, Staub, Insekten, Gras, Farben, Zement, Papier, Kreide, Seife, Gummi, Schaumstoff, Kohle, Zündhölzer, Zigaretten, Holz. Betroffen sind vor allem psychisch Erkrankte und Verwahrloste. Es besteht die Gefahr von Verstopfungen, Vergiftungen und Unterernährung. Eine Behandlung durch Psychotherapie ist nötig.

Benannt nach dem Märchen Rapunzel der Brüder Grimm, bisher sind elf Fälle bekannt. Charakteristisch für dieses Syndrom sind ein im Magen liegendes Haarknäuel (Trichobezoar), dessen Ausläufe bis in den Dünndarm reichen und so einen Darmverschluss bewirken. Grund für die Haare im Magen: Eine psychische Störung, die die Betroffenen Haare verschlucken lässt. Betroffen sind meist Mädchen unter 20 Jahren. Das Haarknäuel muss chirurgisch entfernt werden.

Tritt selten nach Schlaganfällen, Infektionen oder Hirn-Operationen auf. Betroffene können plötzlich die Bewegungen einer Hand nicht mehr kontrollieren. Diese ist aber nicht gelähmt, sondern handelt eigenständig, als wäre sie fremdgesteuert („alien“ = engl. für fremd). So hindert sie etwa den Menschen am Essen oder würgt sogar den Kranken selbst. Meist geht das Syndrom nach einigen Wochen vorbei, je nach Auslöser kann es aber auch jahrelang anhalten.

Beim Hand-Fuß-Syndrom sind die Handflächen und Fußsohlen schmerzhaft geschwollen und gerötet. Sie kribbeln oder fühlen sich taub an, in schweren Fällen löst sich sogar die Haut ab. Es tritt vor allem nach oder während einer Chemotherapie auf, die Ursache ist allerdings noch ungeklärt. Behandelbar ist es mit Cortison, Schmerzmitteln und Vitamin B6-Präparaten. Das Kühlen der betroffenen Hautpartien lindert die Symptome.

Da sie keine starren Schlüsselbeine wie der Mensch haben, können sich Katzen durch alle Öffnungen zwängen, durch die ihr Kopf passt. Rutschen sie im Kipp-Schlitz eines Fensters ab, klemmen sie sich in der spitz zulaufenden Öffnung ein. Jeder Befreiungsversuch verschlimmert die Situation, die Blutversorgung des Hinterleibes wird abgeklemmt. Folge: Schwere Nervenstörungen und abgestorbenes Gewebe. Wird das Tier nicht befreit, stirbt es. Doch auch wenn es befreit wird, steht es unter Schock und muss sofort zum Tierarzt. Nach spätestens zwei Monaten geht es 75 Prozent der Tiere wieder gut.

Der Name stammt von Lewis Carrolls gleichnamigem Kinderbuch. Nachdem Alice von einem Zauberpilz aus dem Wunderland gegessen hat, schrumpft sie (alles wirkt größer) und nach einem weiteren Happen wächst sie zu einem Riesen (jetzt sieht alles kleiner aus). Tragisch: Häufig sind von diesem Syndrom Kinder mit Migräne oder Epilepsie betroffen. Während einer Attacke ziehen sie sich oft zurück, beginnen zu halluzinieren. Die fantastischen Bilder gehen häufig mit Übelkeit, Erbrechen und Lichtempfindlichkeit einher. Nach der Kopfschmerzattacke enden die Symptome meist wieder.

Die Ursache ist ein Gendefekt bei schätzungsweise einem von 50.000 Kindern – meistens Mädchen. Die Symptome sind Wachstumsstörungen, ein zu kleiner Kopf, weit auseinander liegende Augen, chronische Verstopfung, häufige Infektionen der Ohren, eine Verbiegung der Wirbelsäule, Plattfüße und Zahnprobleme. Benannt ist das Syndrom nach dem katzenähnlichen Schreien der Kinder, die daran leiden. Heilbar ist es noch nicht.

Benannt nach den Medizinern, die das Symptom zum ersten Mal ausführlich erforschten. Ägyptologen vermuten, dass auch schon Tutanchamun daran litt. Bei dieser seltenen, angeborenen Erkrankung verschmelzen mehrere Halswirbel miteinander, was die Nackenpartie versteifen lässt. Folge: Der Hals wird kürzer, Betroffene können ihren Kopf nicht mehr normal drehen, haben häufig Migräne und ein Kribbeln im Bereich der Arme und Hände. Auch Fehlbildungen der Rippen, der Schulterblätter, des Kiefers oder der Finger kommen vor.

Dieses Syndrom ist in Wahrheit ein Werbe-Gag. In seinem Buch „Die Krankheitserfinder“ zeigt Wissenschafts-Journalist Jörg Blech, dass das Sissi-Syndrom von der PR-Firma Wedopress erfunden wurde. Grund: eine Kampagne zur Vermarktung eines neuen Antidepressivums des Pharma-Unternehmens SmithKline Beecham. Der Name bezieht sich auf die österreichische Kaiserin Elisabeth, der Depressionen nachgesagt wurden, die sie sich jedoch nach außen hin nicht anmerken ließ.

Von diesem „Ehemann-in-Rente-Syndrom“ sind meist Frauen von viel beschäftigten Männern betroffen, wenn diese nach dem Eintritt ins Rentenalter plötzlich daheim sind. Der Mann integriert sich nur schlecht in den neuen Familienalltag und setzt die Frau derart unter Stress, dass dadurch Asthma, Depressionen, Rückenschmerzen oder sogar Herzbeschwerden auftreten können. Folge: eine deutlich erhöhte Scheidungsrate Pensionierter, die vor allem in Japan beobachtet wurde.

Bei dieser „vorgetäuschten Störung“ wollen die Betroffenen unbedingt ins Krankenhaus, erfinden dafür körperliche Beschwerden und fügen sich selbst Leid zu. Durch erstaunliches medizinisches Wissen und die Taktik, sich mit vielen sehr unterschiedlichen Symptomen oft in der stressigsten Zeit in der Notaufnahme vorzustellen, täuschen die Schein-Patienten sogar Ärzte. Oft „droht“ die Entlassung erst nach vielen Untersuchungen oder sogar Operationen. Spätestens dann fällt die Gleichgültigkeit, fast Enttäuschung der Betroffenen auf. Benannt nach dem deutschen Baron von Münchhausen, der mit erfundenen Geschichten nach Anerkennung und Sympathie heischte.

Im Gegensatz zum Münchhausen-Syndrom fügen hier die Kranken das Leid einer anderen Person zu, um bei ihr eine Krankheit vorzutäuschen. Betroffen sind besonders Eltern, die ihre Kinder absichtlich verletzen, um sie ärztlich behandeln lassen zu können. Diese Form der Kindesmisshandlung kann bis hin zum Tod des Kindes führen, ist aber leider nur sehr schwer festzustellen.

Das „Nuckelflaschen-Syndrom“ bezeichnet die typische Karies an den oberen Schneide- und Backenzähnen von Kleinkindern, die häufig und vor allem zum Einschlafen Milch, gesüßte Tees oder Fruchtsaft aus der Flasche bekommen. Daher Kinder nie mit der Flasche einschlafen lassen und bei den ersten Anzeichen brauner Verfärbungen zum Zahnarzt!

Wie der Kinderbuch- und Filmheld, der den Namen gab, wollen Männer mit Peter-Pan-Syndrom einfach nicht erwachsen werden. Verantwortung und Disziplin bedeuten für sie nur Spaß-Killer. Sie tun sich schwer mit Partnerschaften auf Augenhöhe. Eine Frau kommt für sie nur in der Mutter-Rolle oder als Sex-Objekt in Frage. Ihre Einsamkeit kompensieren sie durch Selbstverliebtheit.

Meist sind Angestellte in großen Gebäudekomplexen davon betroffen, in denen die Gesundheitsstandards nicht eingehalten werden. Ausdünstungen aus neuen Materialien wie Teppichen und Schadstoffe, die durch veraltete Klimaanlagen in die Büroluft gepumpt werden, können Allergien, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Infektionen hervorrufen. Behandlung: häufig lüften, regelmäßig die Klimaanlagen warten lassen und Grünpflanzen aufstellen, die die Luftschadstoffe und Möbelgifte filtern. Bis heute fehlen wissenschaftliche Beweise für die Existenz der Erkrankung.

Ein psychologisches Phänomen, bei dem Opfer von Geiselnahmen sich in den Täter verlieben oder mit ihm aus Sympathie kooperieren. Der Name bezieht sich auf das Geiseldrama am Norrmalmstorg vom 23. bis 27. August 1973 in Schweden. Vier Bank-Angestellte wurden damals als Geiseln genommen und entwickelten mehr Angst vor der Polizei als vor ihren Entführern. Sie besuchten die Täter später sogar im Gefängnis.

Seltene neurologische Erkrankung („stiff“: engl. für steif), bei der meist die Rücken- und Hüftmuskulatur spontan und schmerzhaft krampft. Berührungen, Bewegungen, Geräusche oder Ärger kann dies noch verschlimmern. Die Krämpfe können dazu führen, dass der Rücken permanent steif bleibt. Der Gang ist dann verlangsamt und sieht ungeschickt aus. Behandelt wird mit Medikamenten, meist mit oralen Antispastika.

Das Usher-Syndrom ist die häufigste Ursache von Blind-Taubheit. Betroffene werden schon schwerhörig oder gehörlos geboren und werden später nachtblind oder sogar ganz blind. Selten treten auch epileptische Anfälle auf. Ursache ist ein erblicher Defekt, benannt nach dem britischen Augenarzt Charles Usher, der im Jahr 1914 die Krankheit erstmals untersuchte.

Bei dieser genetischen Besonderheit, ist das X-Chromosom bei Mädchen vielfach vorhanden. Das Syndrom bleibt aber meist unerkannt, weil kaum sichtbare Symptome auftreten, außer dass die Mädchen meist sehr groß werden oder ihre Pubertät früher einsetzt. In etwa 70 Prozent der Fälle bestehen Lernbehinderungen, selten treten Psychosen auf.

Der Gen-Defekt betrifft ausschließlich Männer. Sie besitzen ein zusätzliches Y-Chromosom, also XYY statt XY. Ihr Testosteronspiegel ist erhöht, sie sind oft überdurchschnittlich groß und haben starke Akne. Ihre Fruchtbarkeit ist normal, die Zahl ihrer gesunden Spermien kann nur durch einen leichten Hodenhochstand etwas geringer sein. Alte Vorurteile gegen das Syndrom, dass Betroffene dümmer oder kriminell sind, haben moderne Untersuchungen widerlegt.

Anders als echte Sozialphobiker, die sich wegen einer ungeschickten Handlung negativ bewertet wähnen, fühlen sich Gelotophobiker demnach als ganze Person entwertet. In einer Mischung aus Angst, Wut und Scham fragen sie sich daher unentwegt: Lacht am Nachbartisch jemand über mich?

Die Wurzeln dieser Phobie lägen meist in der Kindheit, so Titze, der seit Jahren Gelotophobiker behandelt. „Betroffen sind tendenziell eher 'brave' Kinder, denen es in der Pubertät nicht gelungen ist, sich im ausreichenden Maße vom Elternhaus zu emanzipieren.“

Die Eltern von Gelotophobikern packen ihre Kinder oft zu sehr in Watte, kontrollieren sie zu stark. Hinzu kommt meist eine tendenziell unlebendige, versteinerte Mimik der Eltern, so dass die Kinder deren Gefühle nicht richtig deuten können. Die Kinder lernen Lachen nicht als Form von Zuneigung kennen und bringen es später daher auch nicht mit angenehmen Gefühlen in Verbindung.

Um Betroffenen zu helfen, setzt Titze „therapeutischen Humor” ein: In einer Lachtherapie sollen sie sich aus ihrer schamgebundenen Erstarrung lösen, ihre Hemmungen abbauen und lernen, über sich selbst zu lachen. Ziel: „Es geht darum, aus der Rolle des unfreiwilligen Clowns in die Rolle des freiwilligen Clowns zu schlüpfen“, sagt Titze.

Eine Krankheit gilt als selten, wenn weniger als 5 von 10 000 Menschen weltweit betroffen sind. In Deutschland gibt es vier Millionen solcher Fälle. Kaum ein Arzt (er)kennt die Krankheiten, manche Patienten warten ein Leben lang auf eine Diagnose. Medikamente, werden nicht entwickelt, weil sich die Forschung nicht rechnet.